Die Syntax/Prosodie-Schnittstelle am Beispiel der Einbindung des deutschen Nachfeldes
Guido Nottbusch & Karina Schneider-Wiejowski
Presentation held at the 31st Annual Meeting of the German Society for Linguistics (DGfS) in Osnabrück, March 4-6, 2009
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Abstract
In diesem Vortrag sollen die Ergebnisse aus drei empirischen Studien zur Interaktion von Prosodie und Syntax im Zusammenhang mit Nachfeldbesetzungen in deutschen Sätzen präsentiert werden. Damit soll eine 'empirische Lücke' geschlossen werden, die sich aus dem Umgang der einschlägigen Grammatiken mit dem Thema "syntaktisch/prosodische Anbindung des Nachfeldes" ergibt. Unterschiedliche syntaktische Konstruktionstypen nach der rechten Satzklammer werden durch den "Grad der Einbindung" bzw. dem Maß der syntaktischen Integration (kompositional vs. intonatorisch) unterschieden (Zifonun et al., 1997: 1649). Aussagen zur Prosodie des Nachfeldes sind zumeist nur sehr kategorisch und insbesondere empirisch nicht belegt. Hier stellt sich die Frage, inwieweit Syntax und Prosodie bei der Anbindung des Nachfeldes interagieren. Welche syntaktischen Konstruktionen werden prosodisch integriert und welche separiert? Welche Rolle spielt der Nachfeldtyp (enges Nachfeld, weites Nachfeld, rechtes Außenfeld)?
Um diese Fragen beantworten zu können, wurde zunächst ein vorhandenes Korpus (aufgabenorientierter Dialog, Spontansprache) im Hinblick auf Nachfeldkonstruktionen ausgewertet. Anhand von phonetischen Daten (Pausenlänge und Tonsprung) konnten Unterschiede zwischen den verschiedenen Nachfeldtypen nachgewiesen werden.
Die zweite Studie wurde als Entscheidungsexperiment konzipiert, bei dem Sätze mit unterschiedlicher Nachfeldbesetzung nach der rechten Satzklammer abgeschnitten waren. Die Versuchspersonen wurden gebeten zu entscheiden, ob der jeweilige Satz an dieser Stelle bereits beendet war oder ob es sich um einen 'unvollständigen' Satz handelte. Neben den Originalfassung wurden die Sätze auch in je einer Version mit geglätteter Pitchkurve ('unterdrückte Prosodie') und mit Tiefpassfilter (260 Hertz; 'unterdrückte lexikalische Information') präsentiert. Es zeigte sich, dass Sätze mit abgeschnittenem engem und weitem Nachfeld bei fehlender Tonhöheninformation eher als beendet wahrgenommen wurden. Wenn die lexikalische Information fehlte, wurden die Sätze mit engem und weitem Nachfeld kaum noch als beendet wahrgenommen. Die Entscheidungen zu den Sätzen mit rechtem Außenfeld waren hingegen kaum beeinflusst von den Manipulationen, was für eine intonatorische Separierung spricht.
Die dritte Studie diente der Beobachtung von Reaktionen eines Hörers auf Reparaturen im Nachfeld eines Sprechers in einem aufgabenorientierten Dialog. Auch hier wurden wiederum drei verschiedene Nachfeldtypen angeboten, die jeweils obligatorische oder redundante Informationen enthielten und mit oder ohne Pause präsentiert wurden. Die Reaktionen (Augenbewegungen und Reaktionszeiten) waren beeinflusst durch die Tonhöhenerwartung, verspätete/redundante Informationen als auch durch die Anzahl der zu verarbeitenden Reaktionen.
Zusammenfassend lässt sich sagen, dass es Unterschiede in der prosodischen Anbindung unterschiedlicher syntaktischer Konstruktionstypen nach der rechten Satzklammer gibt, die nicht nur deskriptiv und kategorisch beschrieben werden, sondern auch – durch verschiedene Methoden - empirisch belegt werden können.
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